Hamburger Netzwerk Grundeinkommen seit 1 Jahr aktiv Politik, Recht & Gesellschaft Pressemitteilung von: Hamburger Netzwerk Grundeinkommen
Das Hamburger Netzwerk Grundeinkommen wurde im Februar 2007 als regionale Vertretung des bundesweiten Netzwerks Grundeinkommen mit dem Ziel gegründet, die bundes- und europaweite Grundeinkommensbewegung vor Ort zu verankern und den Grundeinkommensgedanken in die Hamburger Öffentlichkeit zu tragen. Nicht zuletzt soll die Idee selbst weitergedacht werden, denn eine so weitreichende Forderung ist mit vielen offenen Fragen verknüpft. Das Netzwerk Grundeinkommen ist ein Zusammenschluss von Personen und Gruppen mit unterschiedlichem politischem Hintergrund – dies garantiert, dass die Diskussionen immer anregend und kontrovers sind.
Am vergangenen Montag (18.02.) fand die erste Mitgliederversammlung des Hamburger Netzwerkes statt. Der Rückblick auf die regelmäßigen und gut besuchten Informations- und Diskussionsveranstaltungen mit Gästen wie Ronald Blaschke (Sächsische Armutskonferenz), Prof. Dr. Michael Opielka („Sozialstaat für alle“) und Ingrid Hohenleitner (HWWI) belegt das wachsende Interesse der Bürgerinnen und Bürger am Thema des Bedingungslosen Grundeinkommen. So zählt das Hamburger Netzwerk inzwischen gut 200 Mitglieder und Engagierte, die sich aktiv für die Verbreitung der Grundeinkommensidee einsetzen.
Sven Prien-Ribcke, der neugewählte Sprecher des Hamburger Netzwerks, betont: "Das bedingungslose Grundeinkommen erneuert den Sozialstaat konsequent, indem es soziale Gerechtigkeit in bisher einzigartiger Weise mit ökonomischer Vernunft verbindet. Als soziales Sprungbrett ermutigt das Grundeinkommen zu Freiheit und Verantwortung. Das Grundeinkommen will nicht die Erwerbsarbeit abschaffen, sondern Leistung dort ermöglichen, wo die Menschen sich selbstbestimmt einbringen wollen."
Die Zusammensetzung des neugewählten Sprecherkreises:
Sven Prien-Ribcke (Politikwissenschaftler) Monika Koops (Umweltingenieurin) Sören Kiel (Student der Politikwissenschaft) Rolf Jehring (Unternehmer) Astrid Böhm (Ökotrophologin, Kaufmännische Angestellte)
Das Hamburger Netzwerk Grundeinkommen wurde im Februar 2007 als regionale Vertretung des bundesweiten Netzwerks Grundeinkommen mit dem Ziel gegründet, die bundes- und europaweite Grundeinkommensbewegung vor Ort zu verankern und den Grundeinkommensgedanken in die Hamburger Öffentlichkeit zu tragen. Nicht zuletzt soll die Idee selbst weitergedacht werden, denn eine so weitreichende Forderung ist mit vielen offenen Fragen verknüpft. Das Netzwerk Grundeinkommen ist ein Zusammenschluss von Personen und Gruppen mit unterschiedlichem politischem Hintergrund – dies garantiert, dass die Diskussionen immer anregend und kontrovers sind.
Nördlingen (hum) - "Einkommen ohne Arbeit vom Säugling bis zum Greis" - ein Großteil der Leser wird hier den Kopf schütteln. Doch bei seinem Vortrag im Nördlinger Stadtsaal Klösterle, veranstaltet von Bücher Lehmann und dem Stadtmarketingverein "Nördlingen ist's wert", erweckte Prof. Götz W. Werner Zweifel, ob dieses Kopfschütteln noch zeitgemäß ist. Es entspringe nämlich der Denkweise aus einer Zeit, als man noch kein Einkommen hatte, sondern sich von seinem Grund und Boden ernährte. Die Überschüsse brachte man zum Markt, den Zehnten führte man an das Gemeinwesen ab.
Heute kann sich kaum jemand selbst ernähren. Man arbeitet für andere und bezieht ein Einkommen, um leben und arbeiten zu können. Hier hakt der Professor erstmals zum Umdenken ein, wechselt Ursache und Wirkung aus: Man arbeitet nicht, um Einkommen zu verdienen, sondern man bekommt Einkommen, um eine Arbeit verrichten zu können, aus der unmittelbar keine Lebensmittel und andere Befriedigungen von Grundbedürfnissen erwachsen.
Warum die Arbeit besteuern?
Diese Arbeit wird besteuert, immer teurer und deshalb systematisch im großen Stil eingespart. Die Steuern werden auf die Produkte umgeschlagen. Eine Konsequenz, die der Professor daraus zieht: Warum nicht gleich die Produkte und Leistungen deutlich höher besteuern, die Arbeit aber nicht? "Wenn es so wäre, würde Nokia nicht nach Rumänien gehen, sondern auch in Nördlingen fragen, ob sie noch ein Werk eröffnen könnten", karikiert der Professor, wie Bürokratie, völlig undurchschaubares Steuersystem (80 Prozent der Steuerliteratur auf der Welt stammt aus Deutschland) und täglich wachsende Hemmschwellen für Betriebe beseitigt würden.
Aus der Auflösung des Zusammenhanges zwischen Arbeit und Einkommen resultiert die größte Forderung: Angefangen bei Kindern und Alten ein bedingungsloses Grundeinkommen von 700 bis 750 Euro für jeden Bürger.
Niemand stellt heute mehr die Frage, wo dieses Geld herkommen soll. Denn unsere Gesellschaft hat mittlerweile enorme Werte erwirtschaftet. Und was der Staat heute für Sozialleistungen, die Bekämpfung von Kriminalität, Verarmung, Krankheiten und andere Folgen wirtschaftlicher Not aufwenden muss, liegt nicht darunter, sondern eher darüber.
Der Professor regt zu Visionen an, was dann geschehen wird: Das Grundeinkommen befreit von Existenznöten, niemand ist mehr gezwungen, eine Arbeit anzunehmen, nur um nicht zu verelenden. "Wollen Sie das wirklich zulassen, dass man einen Teil der Gesellschaft ruiniert, um ihn zu unliebsamen Arbeiten zu zwingen?", nimmt Werner die große Frage vorweg, ob denn dann ein großer Bodensatz überhaupt keine Lust mehr zur Arbeit entwickelt.
Kinder bedeuten auch Arbeit
Wenn mehrere Leute zusammenlegen, vielleicht noch viele Kinder in die Welt setzen, können sie gut leben, ohne zu arbeiten. "Kinder bedeuten auch Arbeit", relativiert er den Arbeitsbegriff. Doch darüber hinaus werde eine völlig neue Sicht der Arbeit entstehen: "Gerade, wenn man zu nichts gezwungen ist, bekommt man Lust, das kleine Grundeinkommen zu steigern." Das Publikum, etwa 150 Zuhörer, ruft ihm spontan selbst die Argumente zu: "Wenn jeder tun kann, was seinen Talenten und Neigungen entspricht, kommt doch insgesamt viel mehr dabei heraus!" Der Professor nickt: "Im Kultur- und Sozialbereich, wo man sich heute zu Tode spart, wird kein Leistungsmangel mehr herrschen."
Formen der Anerkennung
"Wie sieht es mit Arbeiten aus, die keiner gerne verrichtet?", kommt als Gegenfrage. "Die muss man entsprechend wertschätzen", so Werner. "Durch verlockende Bezahlung oder andere Formen der Anerkennung."
Natürlich werden die Mächtigen und die Großverdiener dagegen sein, so Professor Götz: "Sie wollen Menschen in Abhängigkeit. Sie mögen keine Menschen, die sagen können: ¿Nein, das mache ich nicht'."
An der Reaktion auf die Idee des Grundeinkommens erkenne man im Übrigen, welches Menschenbild der Kritiker oder Befürworter hat: Das von einem mit Talenten gesegneten Individuum, das bei freier Entfaltung mehr leistet als in einem "Einkommensjob"? Oder das des von Natur aus faulen Menschen, der vollends verkommt, wenn er nicht durch Mangel angetrieben wird?
Erst wollen, dann umsetzen
"Alle neuen Ideen müssen erst gedacht, gewollt und dann umgesetzt werden", ermuntert Prof. Götz W. Werner zur zwanglosen Beschäftigung mit der Idee. So war es mit der Abschaffung der Leibeigenschaft, dem Frauenwahlrecht, dem Sozialstaat. Werner verzichtete auf ein Honorar. Auf seine Anregung hin wurden die Eintrittsgelder der Lebenshilfe gespendet.
Bedingungsloses Grundeinkommen Christopher Dömges 19.02.2008 00:36 T hemen: Soziale Kämpfe
Dortmund. Die Dortmunder Erwerbslosen-Sektion der verdi-Gewerkschaft widmete sich im Januar als Auftakt einer Themenreihe dem Bedingungslosen Grundeinkommen (BGE). Angesichts sich verbreitender Verelendung weiter Teile der Bevölkerung durchaus aktuell. Referent Ronald Blaschke, selbst jahrelang arbeitssuchend und jetzt Mit- arbeiter der LINKE-Bundestagsfraktion, brachte den gut 15 erschienenen Joblosen seine Sicht der Dinge näher.
Er weist darauf hin, dass die Gewerkschaften in den letzten Jahren das Thema Grund- einkommen vernachlässigt haben. Blaschke: „Das kann nicht sein!“ Denn: Jeder Mensch habe ein Recht auf Beteiligung am gesellschaftlichen Reichtum – schon, weil er Mensch sei. Eine uralte Diskussion, die das BGE aufgreift. Verknüpft mit der Frage nach Würde und Wert des Menschen. Alleinstehende galten im Jahr 2003 ab einem Bruttoeinkommen von 1000 Euro als arm, 2004 waren es 856, 2005 781 Euro. Nur, um ein paar Zahlen zu nennen, bei nicht mitgerechneter, nicht unbeträchtlicher Teuerungsrate.
Einer, der ein Lied davon singen kann ist Wilfried Ziese, 54 Jahre, gelernter Industriekaufmann – erwerbslos. Er: „Wir von den Arbeitssuchenden in verdi fordern eine bessere Absicherung, und, bitteschön, nicht so eine Erpressungstaktik des Arbeitsamts (Hast du einen Termin nicht eingehalten, werden die Leistungen gekürzt.).“ Der Industriekaufmann hat in seinem Alter kaum mehr Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Dennoch: Ziese muss fortlaufend Bewerbungsnach- Weise erbringen. Erfolglos! Da treten Ermüdungserscheinungen auf! Seine Familie (Die Frau ist auch arbeitslos und schwerbehindert.) hat 600 Euro zum leben. „Zu wenig“, meint Ziese. Vielleicht könnte es sogar reichen! Dann aber nur für Linsensuppe aus der Dose und vitaminarme Mehlspeisen. Befriedigung der kulturellen Bedürfnisse? Fehlanzeige! Ganz zu schweigen von Urlaubsreisen, wobei sich auch immer weniger Deutsche diese Entspannungstaktik zu Nutze machen. (Mangels Geld? Mangels Zeit?)
Bleiben die konkreten Lösungsvorschläge, die Ronald Blaschke in „seinen“ BGE-Modellen präsentierte – an diesem kalten Januarabend im verdi-Haus am Dortmunder Hauptbahnhof. Modell 1: Für jede Person 800 Euro plus Wohn-Existenzgeld von durchschnittlich 260 Euro plus 110 Euro Beitrag zur Krankenversicherung, macht unterm Strich 1170 Euro für jeden. Blaschke: „Grundsätzlich hat jeder das Bedürfnis, sich irgendwie in die Gesellschaft einzubringen.“ Und wenn einer Kugelschreiber zusammenbaut – ein menschenwürdiges Leben muss gesichert sein. Darum, so der Referent, „streiten wir von verdi fürs BGE“.
"Das Grundeinkommen ist in Österreich, in der Schweiz und in Deutschland ein Thema und wird dort diskutiert." "Ich glaube, es hat auch damit zu tun, dass die Zeit natürlich reif ist."
„Ein Einkommen ist wie Luft unter den Flügeln!“ so beginnt der Film. Sollte das für jeden bedingungslos sein? Kann es das geben: ein wirtschaftliches Bürgerrecht?
Der Film ist packend, bewegt, berührt und kommt gerade da auf den Punkt, wo es um reine Vernunft geht. Er lässt die Verhältnisse - und die Aufgabe des Geldes - unter einem neuen Licht sehen. Ein brandaktuelles Thema:
Der Deutsche Bundestag möge beschließen ... das bedingungsloses Grundeinkommen einzuführen.
Begründung
Unser Finanz- und Steuersystem ist sehr unübersichtlich geworden. Auch die Arbeitslosenquote scheint eine feste Größe geworden sein. Um nun allen Bürgern ein würdevolles Leben zu gewährleisten, erscheint mir die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens als guter Lösungsweg. Ca. 1500€ für jeden Erwachsenen und 1000€ für jedes Kind. Alle bestehenden Transferleistungen, Subventionen und Steuern einstellen und als einzige(!) Steuer eine hohe Konsumsteuer einführen. Eine deutliche Vereinfachung unseres komplizierten Finanzsystems erscheint mir zwingend erforderlich. Auch ginge mit dieser Veränderung ein deutlicher Bürokratieabbau, und damit eine Verwaltungskostenreduzierung, einher.
Ende der Mitzeichnungsfrist 10.02.2009
Die Mitzeichnungsfrist wurde verlängert bis 17.02.2009.
Hinweis: Bitte achtet beim Registrieren darauf, daß kein zweites Browserfenster geöffnet ist, sonst bekommt ihr eine Fehlermeldung.
Aus aktuellem Anlass informieren wir Sie über eine kometenhafte Sache.
Die Geschichte beginnt in Greifswald. Eisig war`s in Deutschlands leerer werdendem Nordosten, viel dunkel in den Tagen zwischen den Jahren. Da fasst eine Frau den Mut, mal einen Vorschlag an den Bundestag zu schreiben. Denn eisig war auch der Ministerpräsident gewesen, dem sie ihren Vorschlag bei einer Bürgerstunde schon erzählt hatte. Ein bedingungsloses Grundeinkommen, das wäre an der Zeit. Ein Lichtstreifen am Horizont, wie manchmal über der Ostsee vor ihrem Fenster. Und weg mit dem komplizierten Steuersystem, das ihr die Arbeit im Kindergarten nur schwer macht. Am 29. Dezember stellte sie ihre Petition für ein bedingungsloses Grundeinkommen auf der Website des Bundestages online.
waren es erst gerade mal 600 Mitzeichner. Doch nun geht’s wie ein Lauffeuer: Blogs, Netzwerke und erste Medien berichten. Jeden Tag tragen sich mehr Menschen online für diese Petition ein. Heute noch werden es schon über 2000 sein. Damit ist diese Petition unter den Aktuellen die weitaus am meisten Unterzeichnete. Und das sollte noch nicht das Ende sein. Die Mitzeichnungsfrist läuft noch bis 10. Februar.
Zudem ist im Forum dieser Petition eine Diskussion in Gang gekommen mit schon über 500 Beiträgen. Viele sind sachkundig. Manche können einen so richtig auf die Palme bringen. Es lohnt sich also, auch da mal reinzuschauen.
Zahlreiche Anfragen zur Übersetzungen des Films haben uns bewogen - mit Hilfe von Freunden aus verschiedenen Ländern - zunächst mit der Untertitelung des Trailers zu beginnen: Französisch, Slowakisch, Englisch und Ungarisch stehen bereits. Italienisch, Griechisch und Schwedisch sind im Gange. Weitere werden folgen:
Idee vom bedingungslosen Grundeinkommen berührt immer mehr Menschen
„Das Grundeinkommen würde Freiheit schaffen, das zu tun in der Welt, was nötig ist. Wir haben ja eine total absurde Situation: Zum einen zuviel Geld und Produktionsüberkapazitäten fast überall . . . Zum anderen eine riesige Arbeitslosigkeit und unglaublich viele ungelöste Aufgaben.“
Jakobvon Uexküll, Stifter des Alternativen Nobelpreises
Von INA SCHWARZ
Eine Petition sorgt in Deutschland für Stimmung, bringt Bewegung in Herzen und Köpfe: Die Idee von einem bedingungslosen Grundeinkommen für jeden Bürger in diesem Land. Die Trennung von Arbeit und Einkommen ist eine neue Zukunftsvision. Statt Mangelgefühl und Existenzängsten plötzlich die Aussicht auf mehr individuelle Freiheit, Menschenwürde und Kreativität.
Susanne Wiest, Tagesmutter aus Greifswald, fasste einen Entschluss. Die 42-jährige gebürtige Bayerin entschied: „Schluss mit dem Flickwerk. Ich mache jetzt von meinem Grundrecht Gebrauch und werde meinen Willen gegenüber unseren Volksvertretern ausdrücken.“ Die zweifache Mutter stellte einen Petitionsantrag beim Deutschen Bundestag. Online. Seither wird dort geklickt und gevotet, zum Teil sind die Leitungen völlig überlastet. Die Petition von Susanne Wiest ist die mit Abstand am heftigsten diskutierte, über 8000 Menschen zeichneten bisher mit.
Inspiriert wurde Susanne Wiest im hohen Norden u. a. von Menschen aus dem Süden: Daniel Häni (Basel) und Enno Schmidt (Frankfurt am Main). Die beiden gelten als engagierte Zukunftsstifter und Visionäre, die als Unternehmer, Künstler und Väter mit Kraft und Freude ihre Ideen und Utopien dem zur Verfügung stellen, wofür der neue Zeitgeist mehr Raum schaffen möchte: Eigenverantwortung, Offenheit, Mut und individuelles Schöpfertum. An Silvester 2005/2006 gründeten die beiden die Initiative Grundeinkommen im „unternehmen mitte“ in Basel. „Wir beschlossen mitzuwirken, um der Idee eines Grundeinkommens mit kulturellen Mitteln Kraft und Ausstrahlung zu verleihen“, erinnern sich die beiden. Daniel Häni und Enno Schmidt: „Das Grundeinkommen ist in erster Linie ein Kulturimpuls, weil es Fragen aufwirft, Anstoss gibt zu Gespräch und Auseinandersetzung mit den eigenen Gewohnheiten und gesellschaftlichen Zuständen, die oft als unabänderlich hingenommen werden.“
Darum haben die beiden das Wagnis unternommen, einen ersten Film zum Grundeinkommen zu machen. Er ist mit einfachen Mitteln im Zuge der Youtube-Generation entstanden. Uraufführung: 2008. Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft kommen zu Wort, wie auch die Frau an der Kasse und der Mann auf der Straße.
„Es ist ein kleiner, kluger Film über den Zustand unserer Welt“, rezensierte Mikael Krogerus von „brand eins“. „Eine Art Sendung mit der Maus, die zu erklären versucht, wie das Grundeinkommen funktioniert, wer es finanzieren und was es bewirken könnte.“
Mut zumWandel Mittwochs-Gedanken:
Das Grundeinkommen. Tausend Euro im Monat? Für jeden. Bedingungslos. Zugegeben, das klingt gaga. Völlig utopisch. Doch warum nicht aus Utopien gesellschaftliche Entwürfe machen?
„Neue Ideen müssen die Herzen gewinnen“, so Prof. Götz Werner, Unternehmer, Autor vieler Bücher und seit Jahren Fürsprecher des Grundeinkommens, kürzlich in Hannover. Dort trafen sich Hunderte wandelmutige Menschen zu einem Congress mit viel Musik, Kunst, Kultur, mit kleinen Patzern, herzlichen Lachern, offenen Gesprächen und viel mehr Fragen als Antworten.
„Mut zum Wandel – Grundeinkommen ist machbar“, stand auf Handzetteln, Plakaten und Einladungen. Zwar war die Eilenriedehalle mit 2000 Plätzen für etwa 800 Gäste noch eine Nummer zu groß, doch so hat der Same genügend Raum zu wachsen. „Der Zug rollt. Und es werden immer mehr“, gab Susanne Wiest auf der Hälfte des Abends kraftvoll von der Bühne ins Mikro. Seit ihrem Petitionsantrag gehört die Tagesmutter aus Greifswald in die erste Reihe der Grundeinkommen- Befürworter. Dort steht seit Jahren auch Dr. Ute Fischer. Die frisch habilitierte Finanzexpertin aus Dortmund stellte Besuchern in Hannover das Transfergrenzenmodell vor, eine Möglichkeit, schlappe 792 Milliarden Euro aufzuwenden, um den Grundeinkommenstopf in Deutschland zu füllen. Möglich ist es.
„Die heutigen Arbeitsbedingungen sind schlecht in Einklang zu bringen mit dem, was Menschen sich wirklich wünschen“, so die Wirtschaftswissenschaftlerin. „Was mich motiviert, ist die Vorstellung, Raus aus dem Hamsterrad!’.“
Freiheit statt Vollbeschäftigung fordert in öffentlichen Diskussionen und mit viel Geduld immer wieder auch Dr. Sascha Liebermann. „Wir stecken fest“, so der Soziologe, der sicher ist: Die Finanzkrise ist eigentlich eine Sinnkrise. Ein „Verhungern in der Fülle“, wie Götz Werner es einmal nannte. „Menschen brauchen die Möglichkeit, nein sagen zu können“, so Liebermann. „Die Welt ist in unsere Hände gegeben. Nur wir können sie gestalten“, so Publizist Gerald Häfner in seiner Rede.
Visualisieren die einen durch das Grundeinkommen eine Blüte an Kreativität und Initiativen, sehen andere den faulen Nachbarn, der dann garantiert nichts mehr tut. „Oft zeigt sich in dieser Diskussion auch das wahre Menschenbild . . .“ (Götz Werner) Auch das Nichts darf in diesem Modell sein, meint Ute Fischer. Muße, die Ruhe vor dem Sturm, Kräfte sammeln.
Und die Frau für die graue Zahlentheorie sagte noch: Die Zukunft lässt sich nicht berechnen. Sie lässt sich nur wagen.
Ina Schwarz
„Jeder Mensch ist eine ganz handfeste Vision“ Interview mit den Machern des Filmes
OA: Herr Häni, Herr Schmidt, Sie kreieren ziemlich verrückte Sachen. Deshalb fühle ich mich auch mutig genug, dieses Interview ver-rücken zu lassen. Statt gleich mit einer Frage zu beginnen, möchte ich Ihnen mein Herz ausschütten. Letztes Jahr lag ich bei meinem Münchner Therapeuten Mathias Wendel (http://www.mathiaswendel.de) auf der schwarzen Couch. Ich heulte Rotz und Wasser und dezimierte seine sämtlichen Vorräte an Zellstoff. Mein tiefer Schmerz: Ich habe keine Visionen mehr. Statt Herzklopfen bei der Arbeit nur noch Kopfschmerzen und ein Gefühl von „Alles zuviel, sinnlos, Scheiße! . . .“ Ihre spontane Fern-Diagnose: Was fehlt mir?
Enno Schmidt: Ich würde sagen, es fehlt die rote Couch?
Daniel Häni: Für mich hört es sich so an, als wäre Ihnen eher etwas zu viel, als dass Ihnen etwas fehlt. Vielleicht ist da einfach zu vieles, womit sie sich nicht wirklich verbinden können. Sie klagen, keine Vision mehr zu haben. Visionen sind Wahrnehmungen aus der Zukunft. Dafür braucht man eine starke und gesunde Verbindung im Jetzt. Eine gesicherte Basisstation und viel Muße.
OA: Woraus sind Visionen gemacht?
Enno Schmidt: Oh, ganz unterschiedlich. Es wird ja alles mögliche Vision genannt. Der Ex Bundeskanzler Helmut Schmidt sagte einmal: Wer Visionen hat, sollte zum Augenarzt gehen. Und Sie sagen jetzt: Wer keine Visionen hat, braucht therapeutischen Beistand. Ich würde sagen, es geht nicht darum, etwas zu reparieren, zu re-normalisieren, was man als krank erlebt, sondern sich selbst ernst zu nehmen. Jeder Mensch ist eine Vision. Eine ganz handfeste. Und das Grundeinkommen spricht die an, meint sie, begrüßt sie. Und die Idee des Grundeinkommens gibt den Atem, sich das mal vorzustellen, zu überlegen wie das gehen könnte. Es geht ganz gut, was alles nicht geht.
OA: Kürzlich im Bord-Bistro der Deutschen Bahn: Ein junger Student nimmt am Tisch Platz, fährt seinen Laptop hoch und versinkt . . . Mann vom Service kommt angerauscht. Der Typ möchte aber nichts bestellen, nur in Ruhe arbeiten. Zug ist rappelvoll, Bistro leer. Keine Chance. Der junge Mann und sein Laptop müssen gehen. In Ihrem Kaffeehaus in Basel muss niemand etwas bestellen, der nicht will. Was für ein ungewohnter Freiraum. Was lehrt Sie der Alltag in Basel?
Daniel Häni: In unserem Kaffeehaus gibt es tatsächlich keinen Konsumzwang. Das ist aber kein Trick und hat nichts mit Werbung zu tun, sondern auch wiederum mit Wahrnehmung, mit Ernstnehmen von Bedürfnissen. Immer mehr Menschen möchten nicht ständig dem Konsumdruck ausgesetzt sein. Gerade auch im Kaffeehaus. Da geht man auch hin, um auf andere Gedanken zu kommen. Man will nicht immer etwas kaufen müssen.
OA: Ist das, was Sie beide tun, eine Liebesmüh?
Enno Schmidt: Ganz und gar. Liebe und Mühe. Vor allem auch Freude.
OA: Hand aufs Herz: Werden Sie bei Ihren Ideen nie von Zweifeln heimgesucht? Wenn doch, wo entsorgen Sie die?
Enno Schmidt: Zweifel an der Sache? Nie. Wir kommen ja auch wo her. Ich will sagen, das ist für uns keine fixe Idee und nicht nur so eine „Vision“. Sondern das ergibt sich evident aus dem, was wir schon gemacht haben und aus der gesellschaftlichen Situation. Wir gehen damit auch nicht um, wie man das in den 60ern oder noch in den 80ern tat, dass man ein Modell ersann und meinte, wenn es denn mal wasserdicht ist, gäbe es einen Knopf, mit dem man es einschalten kann, mit dem es dann die Mächtigen für einen umsetzen. Sondern das ist ein Prozess, den machen wir. Nicht nur wir beide, sondern alle, die das interessant finden. Es ist nicht das Ankommen, auf das wir warten. Es ist nicht das Durchsetzen, um irgendwann ein ausgedachtes Ziel zu erreichen. Die Zweifel sind lebendiger Teil der Sache. Die Zweifel sind eher Energie und Aussicht, wieder etwas Neues zu erkennen. Sie führen weiter, sind Herausforderung. Darum fallen sie gar nicht erst als Müll an, den man entsorgen müsste.
OA: Herr Häni, Sie sagen, Sie arbeiten rund um die Uhr, auch nachts im Schlaf. Können Sie trotzdem gut schlafen?
Daniel Häni: Ja, ich schlafe gut, gerade weil ich das wichtig nehme. Der Schlaf ist eine große Inspirationsquelle. Oft schlafe ich mit Fragen ein und wache mit Antworten auf. Auch die Träume sind gute Mitarbeiter, wenn man sie nicht zu billig interpretiert.
OA: Benutzen Sie zum Aufstehen einen Wecker?
Daniel Häni: Nur, wenn ich „unmenschlich“ frühe Termine habe, zum Beispiel um meine Tochter in die Schule zu bringen.
OA: Was ist für Sie das Gegenteil von Freiheit?
Enno Schmidt: Unfreiheit. Oder Gier. Nicht tun zu können, was man verantworten will.
Daniel Häni: Die größte Unfreiheit ist, wenn man die eigene Unfreiheit nicht bemerkt, sich darin einrichtet, und dann natürlich den Anderen die Freiheit abspricht.
OA: Herr Häni, Sie sagen, nicht Geld, sondern das Denken sei das Kapital der Menschen. Sie gründeten seinerzeit in Basel eine eigene Bank, mit Schalter, Öffnungszeiten und Bankrat. Eine „Gedankenbank“, wo Menschen auf Konten Gedanken eintragen ließen, die von anderen weitergedacht werden konnten. Welche Gedanken warfen die meisten Zinsen ab?
Daniel Häni: Gedanken, die als Frage formuliert sind, Gedanken, die Raum schaffen und zu eigener Aktivität anregen. Gedankenmodelle und ideologische Gedanken tragen wenig Zinsen.
OA: Pflegen Sie momentan einen Lieblingsgedanken?
Daniel Häni: Einer meiner Lieblingsgedanken ist, frei nach Gertrude Stein: Work is Art is Love is Work! Und natürlich: Was würden Sie arbeiten, wenn für Ihr Einkommen gesorgt wäre?
OA: Mit Ihrem Film fördern Sie die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens. Ich unterstelle, dass Bedingungslosigkeit etwas ist, wofür wir Menschen uns noch gar nicht wirklich geöffnet haben. Meine Herren, denken Sie über-irdisch?
nno Schmidt: Ja, unbedingt auch. Denken ist ja überirdisch. Denken kann man nicht sehen und nicht anfassen. Auch wenn man das Gehirn aufmacht und reinguckt sieht man nicht Gedanken. Man sieht und misst da nur physische Spuren und Voraussetzungen des Denkens. Und Bedingungslosigkeit kennt jede Mutter und jeder Vater in der Liebe zu ihrem Kind. Vor allem, wenn das noch sehr klein ist. Man sollte nicht meinen, dass das Mist sei, und sollte sich auch Erwachsenen und jedem Menschen gegenüber zu einer bedingungslosen Bejahung seiner Existenz aufschwingen. Zumal eine zukünftige Leistungsgesellschaft, in der ganz andere Leistungsarten gefragt sind als zu Zeiten der Industrialisierung, ohne eine Freistellung der wirtschaftlichen Grundbedürfnisse gar nicht möglich ist. Wenn ich lebe, ist eine Bedingung, dass ich das Lebensnotwendige habe. Damit sollte man Menschen nicht erpressen und klein halten, sondern im Gegenteil, sie froh begrüßen, weil das Leben die Voraussetzung ist für all das Schöne und auch mal Blöde, Hilfreiche und Neue, was jeder Einzelne mit sich in die Welt bringt. Man kann die Leistung jedes Einzelnen gar nicht ermessen. Schon gar nicht kann man sie an der Lohnarbeit messen. Die Arbeitsverhältnisse werden sich weiter ändern. Auch das, was Aufgaben sind, wo ich Bedarf wahrnehme. Der Bedarf an zwischenmenschlichen Leistungen wird zunehmen. Was zu standardisieren ist, ist auch zu rationalisieren. Wo Menschen sind, geht es immer auch um Kultur in der Arbeit, im Lebensumfeld. Dafür braucht es die Möglichkeit, auch Nein sagen zu können, sich auf gleicher Augenhöhe begegnen zu können, mit eigenen Ideen auch loslegen zu können. Das Grundeinkommen ist nur sachgerecht und selbstverständlich für eine freie, bedarfsorientierte, kreative Gesellschaft. Es ist wirtschaftlich! Wirtschaft ist ja nicht nur das, wo irgendwie Geld gemacht wird. Sondern wo füreinander geleistet wird. Das ist sehr viel mehr, als der Ausschnitt, für den es Geld gibt. Das Grundeinkommen ist eben sehr irdisch. Kein Grundeinkommen ist eine ziemlich erdenferne Idee.
OA: Ein ganz persönlicher Wunsch geht 2009 für Sie in Erfüllung. Welcher ist das?
Enno Schmidt: Sage ich nicht.
Daniel Häni: Das ist, die Möglichkeiten zu finden, eine Anzahl Menschen für mindestens drei Jahre bedingungslos freizustellen, sie dabei zu begleiten und daraus einen Spielfilm zu machen, der in China, Indien, Brasilien und den USA in den Kinos läuft.
Die Petition im Bundestag zum Grundeinkommen geht nun mit einer Rekordbeteiligung von 52.975 Unterzeichnern -allein übers Internet - zur Bearbeitung in den Bundestag. Die Mitzeichnungsfrsit war um eine Woche verlängert worden, da aufgrund der unerwartet hohen Beteiligung der Server des Bundestages zeitweilig zusammengebrochen war. Eine so hohe Anzahl von Mitzeichnern hat es bisher bei der E-Petition des Bundestages noch nie gegeben. Es zeigt das große Interesse der Bürger an den dringend notwendigen Veränderungen. Nun ist der Bundestag zum Handeln aufgefordert.
Da die Petition über 50.000 Mitzeichner erreicht hat, hat Susanne Wiest, die mutige Verfasserin der Petition, nun die Möglichkeit, die Petition selbst im Bundestag vorzutragen.
Susanne Wiest, Direktkandidatin für den Bundestag im Wahlkreis 16 (Greifswald, Demmin, Ostvorpommern)
Als wir Mitte 2008 im Film (Grundeinkommen - ein Kulturimpuls, DVD 100min) an den Szenen zur möglichen Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens arbeiteten, kannten wir Susanne Wiest noch nicht. Es kam uns einfach mal in den Sinn, dass man in Mecklenburg-Vorpommern beginnen könnte, dort wo es an Einkommen fehlt, in einer Stadt, z.B. in Greifswald. Damit lagen wir anscheinend goldrichtig.
Zur Überraschung aller kam Anfang 2009 eine Petition an den Deutschen Bundestag für ein bedingungsloses Grundeinkommen - aus Greifswald. Von einer Tagesmutter, Susanne Wiest. Obwohl über 50'000 Menschen ihre Petition unterstützen, wurde die Behandlung des Anliegens auf die nächste Legislatur verschoben - auf nach der Wahl. Logisch, tritt diese Frau nun selbst als Direktkandidatin für den Bundestag an. Parteifrei und unabhängig. Das gefällt uns. Im Frühjahr trafen wir Susanne Wiest in Berlin, reisten an die Ostsee, dorthin wo sie mit ihrer Familie lebt und wo sie arbeitet. Eine schöne Begegnung. Am Schauspiel Frankfurt bestritten wir zusammen eine vielbeachtete Veranstaltung und Ende Juli besuchte uns die Direktkandidatin mit ihrem Mann im "unternehmen mitte" in Basel. Aus den dabei entstanden Filmaufnahmen haben wir den nun vorliegende Filmbeitrag gestaltet.
Wir wünschen der Kandidatur von Susanne Wiest viel Aufmerksamkeit und Erfolg! Enno Schmidt und Daniel Häni
Der Film kann einfach in jede Webseite eingebaute (EMBED) oder verlinkt (SHARE) werden. Wer eine Filmvorführung organisieren will, kann bei uns eine DVD bestellen (info@initiative-grundeinkommen.ch)
Den Verlauf der Kandidatur können sie auf der Webseite von Susanne Wiest mitverfolgen: grundeinkommen-bundestag.de
Es gibt auch in anderen Wahlkreisen Direktkandidaten für das Grundeinkommen, z.B. in Berlin-Mitte, Ralph Boes (Wähl gut - wähl Boes). Ein Liste von Kandidatinen finden sie hier: du-kannst-grundeinkommen-waehlen.de und hier: grundeinkommen-ist-waehlbar.de
HEUTE, im Jahre 2013, gibt es das bedingungslose Grundeinkommen ja schon seit nun mehr als drei Jahren.
Wir, eine Gruppe von Medienschaffenden, haben einmal herumgefragt: was hat sich denn nun so geändert seither, wie sieht das Leben von (ehemaligen) Hartz-4-Empfängern, Krankenschwestern, Unternehmern, Arge-Mitarbeitern und anderen "normalen" Menschen HEUTE mit Grundeinkommen aus?
Herausgekommen sind diese Filme, in denen viele Stimmen zu Wort kommen. Wer nun auch MITMACHEN will und über sein Leben mit Grundeinkommen berichten mag, der schnappe sich eine Videokamera und schicke uns seinen youtube-Link!
Übrigens: wer näheres darüber wissen will, wie das denn nun damals so lief mit dem Grundeinkommen, der kann die geschichtlichen Hintergrundinfos unter DAMALS nachlesen...
Es ist soweit: seit 2010 gibt es nun das bedingungslose Grundeinkommen!
Ein Rückblick.
Seit der Wirtschaftswunderzeit hat der Kapitalismus wie es ihm eigen ist seine zyklischen Krisen hervorgebracht, die immer wieder zu Rationalisierung (dem Ersetzen menschlicher Arbeit durch Maschinen) und damit zu Entlassungen führten. Über Jahrzehnte vermochte die Politik den Gewinn den diese Rationalisierung mit sich brachte nicht zu verteilen. So gab es Rationalisierungsgewinner (mit Arbeit) die von der Rationalisierung durch höhere Gewinne oder billigere Waren profitierten, und die Rationalisierungsverlierer, die weg rationalisiert wurden und plötzlich ohne Einkommen dastanden. Eine lange Zeit gelang es der Politik diesen Zustand mit Sozialleistungen und später mit zunehmenden statistischen Tricks zu kaschieren. So lag die offizielle Arbeitslosenzahl noch im März 2009 bei 3 Mio. während tatsächlich 5,9 Mio. Menschen Lohnersatzleistungen oder Arbeitslosengeld bezogen. (Vergleiche Monatsbericht der Agentur für Arbeit März 2009) Die globale Wirtschaftskrise der Jahre 2008 und 2009 ließ die so lange gepflegte Fassade bröckeln. Die Arbeitslosenzahl stieg erneut dramatisch an, während gleichzeitig der Konsum einbrach. In dieser kritischen Situation rückte die Diskussion um das bedingungslose Grundeinkommen, die seit einigen Jahren verstärkt im deutschsprachigen Raum geführt wurde, in den Mittelpunkt der politischen Auseinandersetzung. Die Frage ob Arbeit weiter allein nach ihrem wirtschaftlichen Nutzen bewertet werden solle wurde hitzig diskutiert. Gleichzeitig wurde mehr und mehr Menschen klar, welche Arbeiten geleistet werden könnten, wenn man die menschliche Arbeit nicht mehr in Konkurrenz zur Maschinenarbeit stellen würde. Die Tatsache, dass man soziale Tätigkeiten gar nicht rationalisieren kann, dass es im Sozialen Bereich im Gegenteil nur um ein mehr an menschlicher Arbeit gehen kann leuchtete immer mehr Menschen ein. Unter dem wachsenden öffentlichen Druck beschloss der neu gewählte Bundestag im Oktober 2009 die Einführung eines bedingungsloses Grundeinkommen in Höhe von 1.000 Euro zum 1.Januar 2010.
HEUTE: wie sieht das Leben nach Einführung des Grundeinkommens aus?
11.09.2013: Interview mit Mike, der früher Callcenter-Agent war und sich heute auf seine Musik konzentriert:
1. Arbeitsleistung zur Grundlage der Teilhabe am Wohlstand zu machen, ist gerecht, solange Wohlstand überwiegend durch menschliche Arbeitskraft erzeugt wird. Heute aber wird menschliche Arbeitskraft mehr und mehr durch "Maschinen" (Automaten, Computersoftware) ersetzt. Halten wir dennoch an der ausschließlichen Verteilung von Einkommen über Arbeitsleistung fest, führt das entweder zu steigender Arbeitslosigkeit oder zu sinkenden Einkommen.
2. Der Wohlstand unseres Landes ist der Wohlstand aller Bürger. Er geht auf die Leistungen aller Bürger zurück, auch auf die Leistungen vorangehender Generationen. Deshalb gebietet es die Gerechtigkeit, alle Bürger an diesem Wohlstand zu beteiligen.
3. Unser Wohlstand ist das Ergebnis erfolgreicher Innovationen. Innovationen steigern die Produktivität und befördern die Wertschöpfung: Sie ermöglichen es, Arbeitsabläufe zu automatisieren und menschliche Arbeitskraft einzusparen. Arbeitslosigkeit ist kein Zeichen von Armut, sondern ein Ausdruck der Produktivität und des Vermögens unseres Landes.
4. Verzicht auf Innovationen ist Verzicht auf Wohlstand und damit auf Freiheit von unnötiger Arbeit. Freiheit der Bürger ist auch Freiheit von unnötiger Arbeit, die durch programmierbare Automaten verrichtet werden kann.
5. Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger zur Arbeit zu zwingen, mißtraut ihrer Gemeinwohlbindung und schränkt die bürgerlichen Freiheiten ein.
6. Das Festhalten am Ziel der Vollbeschäftigung hat zur Folge, daß Arbeitslose und Arbeitnehmer für die wirtschaftliche Produktivität unseres Landes bestraft werden. Sie werden gezwungen, ihre Arbeitskraft zu sinkenden Löhnen und Gehältern bei reduzierter sozialer Absicherung zu verkaufen, obwohl ihre Arbeitskraft nicht mehr benötigt wird.
7. Das Festhalten am Ziel der Vollbeschäftigung hat zur Folge, daß Bürger - ohne Not - dauerhaft zu Tätigkeiten gezwungen werden, die automatisierbar sind. Automatisierbare Arbeit ist ersetzbare Arbeit; ersetzbare Arbeit kann nicht sinnstiftend sein. Das Festhalten am Ziel der Vollbeschäftigung geht somit für eine steigende Anzahl von Bürgern mit dem Verlust beruflicher Sinnstiftung einher.
8. Das Festhalten am Ziel der Vollbeschäftigung zieht eine Verschwendung von Lebenszeit der Bürger nach sich, weil sie an geisttötende, unwürdige Arbeiten gebunden werden. Die Zeit wird sinnlos "abgesessen" und kann nicht für sinnvolle Tätigkeiten genutzt werden; die Würde des Menschen wird mißachtet.
9. Wenn Würde und Integrität von Menschen nicht mehr die oberste Richtschnur politischer Entscheidung sind, wird das politische Gemeinwesen in seinen Grundfesten erschüttert. [size=150] Wir schlagen vor:
Ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle Bürger ...
... stärkt die Familie. Sie kann sich der Erziehung und der Fürsorge für ihre Kinder widmen, ohne sich um ihre Einkommenssicherung zu sorgen.
... fördert Innovation in allen gesellschaftlichen Bereichen und ermöglicht die dazu erforderliche Muße. Innovative Ideen können frei entwickelt werden, ohne daß sie vom Absatz an einem Markt abhängig sind.
... stärkt die Unternehmen. Sie können automatisieren, ohne sich Sorgen um entlassene Mitarbeiter zu machen. Sie können auf leistungsbereite Mitarbeiter setzen, denn Erwerbsarbeit wird freiwillig geleistet.
... stärkt die Volkswirtschaft. Unproduktive Industrien und Wirtschaftszweige müssen nicht mehr subventioniert werden.
... ermöglicht einen umfassenden Abbau von Bürokratie, auch in den Sozialsystemen. Ein bedingungsloses Grundeinkommen ersetzt weitestgehend bestehende Sozialleistungen.
Ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle Bürger stärkt die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, und gibt ihnen die Freiheit dazu.
Ute Fischer, Stefan Heckel, Axel Jansen, Sascha Liebermann, Thomas Loer
Im Rahmen der internationalen Woche des Grundeinkommens fand am 16. September 2009 eine Podiumsdiskussion zum Bedingungslosen Grundeinkommen mit Prof. Dr. Christian Juckenack, Dr. Sascha Liebermann und Harald Lieske in Eisenach statt.
Hier zu sehen Ausschnitte von Kommentaren von Dr. Sascha Liebermann, Sozialwissenschaftler.
Die DVD der gesamten Veranstaltung kann bei der Initiative Grundeinkommen Eisenach unter grundeinkommen@online.de bestellt werden.
Poltik und Grundeinkommen – Veranstaltung am 19.09.2009 in Berlin
Derzeit ca. 700 Milliarden Euro beträgt der Umfang des jährlichen Haushaltes für Soziales in der Bundesrepublik Deutschland. Die geltenden Systeme, die die vornehmliche Erhebung und den späteren Einsatz dieser Gelder organisieren, generieren ihre Legitimation aus dem Propagieren von Möglichkeiten und Bedürfnissen längst vergangener Wirtschaftslagen. Das anachronistische Festhalten an der Vollbeschäftigung im Rahmen der Erwerbsarbeit als den wirtschaftspolitischen Normalfall ist so eine Vorstellung. Die Besteuerung der Arbeit ist dabei ein Pfeiler der volkswirtschaftlich rechnerischen Basis, welche die Sicherstellung von Finanzierung außerwirtschaftlicher Gesellschaftsbereiche auch in Zukunft leisten soll und dabei immer komplexer und teurer wird.
Vollbeschäftigung? War und ist es nicht eine der treibenden Intentionen wissenschaftlich-technischer Entwicklung, dass es Maschinen sind, die den Menschen die Arbeit abnehmen? Jetzt, wo wir in den Genuss dieser Konsequenz kommen sollten, erscheint diese Entwicklung paradoxerweise als Bedrohung für das Funktionieren unserer Sozial- und Gesundheitssysteme. Wirkt es nicht wie eine Farce, von einem Recht auf Einkommen zu sprechen, welches nur in der Verbindung mit Arbeit gedacht wird, wo doch in diesem Zusammenhang Arbeit mit Erwerbsarbeit gleichgesetzt ist, von der bereits jetzt und in Zukunft in zunehmendem Maße nicht mehr genug zu Verfügung steht? Was wird hinsichtlich dieser überkommenen Strukturen und der demografischen Entwicklung aus dem Generationenvertrag?
Wo bleibt der nächste funktionslogische Schritt, der unsere gemeinsame Gesellschaft eine Gesellschaft bleiben lässt? Wo bleibt die Idee, welche das immer teurere, weil stark zunehmende Verwalten von Nichtarbeit obsolet macht? Wo ist der Weg, der arbeitsmarktpolitische Lösungen aufzeigt, bevor dieser in seiner Kultur endgültig in den Zustand des vorvorherigen Jahrhunderts regrediert?
Angesichts prekärer Fragestellung und vor allem Dank der jahrelangen, unermütlichen Arbeit unzähliger Menschen eines weltweiten Netzwerkes ist nun ein Modell, dessen volkswirtschaftlicher Erstentwurf lang zurückliegt, zum viel besprochenen Thema avanciert und ein bedeutender Strang des fraktionsübergreifend-parteipolitischen Diskurses geworden.
Die Entwicklung dieses Modells unternimmt den Versuch, auf soziale, sozialpolitische als auch sozialphilosophische Fragen zeitgemäße und auch zukünftig tragende Antworten zu bieten.
Die Vertreter des europäischen Netzwerks „Grundeinkommen“ veranstalten vom 14.- 20. September (auch) aus der aktuellpolitischen Situation mit dem Bevorstehen der Bundestagswahlen 2009 bereits im zweiten Jahr ein umfangreiches Informationsprogramm mit zahlreichen Foren verschiedenster Couleur im Rahmen der „Woche des Grundeinkommens 2009“.
In diesem Ethikerspezial besuchten wir für sie verschiedene Veranstaltungen, von denen wir berichten und haben für sie grundinformative und weiterführende Links zum Thema zusammengestellt.
Film-Tipps der Redaktion:
Für ein erstes, jedoch umfassendes Bekanntmachen mit dem Thema „Bedingungsloses Grundeinkommen“ und seinen gesellschaftlichen Implikationen empfehlen wir ihnen zunächst das Schauen des Films „Grundeinkommen“ von Enno Schmidt und Daniel Häni:
Anspruch: alle deutsche Staatsbürger/innen sowie EU-Bürger/innen, die seit mindestens 5 Jahren in Deutschland wohnen
Höhe: 600 Euro bei einem Bruttoeinkommen bis zur Transfergrenze von 1600 Euro (großes Bürgergeld) und 200 Euro ab einem Bruttoeinkommen über der Transfergrenze von 1600 Euro (kleines Bürgergeld) plus Gesundheits- und Pflegeprämie (Kranken- und Pflegeversicherung) in Höhe von 200 Euro. Kinder und Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr erhalten 300 Euro plus Gesundheits- und Pflegeprämie in Höhe von 200 Euro. Eine Dynamisierung der Höhe ist entsprechend des soziokulturellen Existenzminimums vorgesehen.
Finanzierung: über verschiedene Besteuerungen, wie einer 35prozentigen Grundeinkommensabgabe auf alle Bruttoeinkommen, Sachkapital-, Primärenergie-, Vermögen-, Börsen- und Luxusumsatzsteuer sowie über eine Tobin Tax und einen Bundeszuschuss bei gleichzeitiger Senkung der Einkommensteuer
Anspruch: alle Personen, die mindestens seit 3 Jahren ihren Hauptwohnsitz in Deutschland haben.
Höhe: 950 Euro. Kinder und Jugendliche bis zum vollendeten 16. Lebensjahr erhalten 475 Euro. Personen ohne sozialversicherungspflichtige Einkommen sind kostenfrei in der Kranken- und Pflegeversicherung versichert. Die Höhe des GE wird von der Höhe der Armutsrisikogrenze der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) abgeleitet. Eine Dynamisierung erfolgt gemäß der allgemeinen Einkommensentwicklung, orientiert an der Armutsrisikogrenze.
Existenzgeld – Modell der Bundesarbeitsgemeinschaft der Erwerbslosen- und Sozialhilfe- Initiativen http://www.gag-shi.de
Finanzierung: durch eine 50prozentige Abgabe auf alle Nettoeinkommen, Veränderungen in der Erbschafts-, Energie-, Kapitalsteuer und durch Subventionseinsparungen, Erhöhung der Mehrwertsteuer um 1 Prozent, Veränderung in den Unternehmens- sowie Zinsertrags- und Kapitalexportsteuern. Alle Löhne und Gehälter werden nach Lohnsteuerklasse 1 versteuert.
Anspruch: alle Personen, die in Deutschland leben.
Höhe: 800 Euro ohne Mietkosten, die zusätzlich durch ein Wohnexistenzgeld in Höhe der ortsüblichen Durchschnittswerte für die Bruttowarmmiete abgedeckt werden. Wenn kein sozialversicherungspflichtiges Einkommen vorliegt, ist die Kranken- und Pflegeversicherung kostenfrei. Eine Dynamisierung der Höhe erfolgt entsprechend der Entwicklung der Preise für Güter, Dienstleistungen und Teilhabeangebote.
Finanzierung: durch Sozial-Umsatzsteuer (Konsumsteuer), Sozial-Einkommesteuer für höhere Einkommen und eine Sozial-Kapitalumsatzsteuer. Die bisherige Einkommensteuer entfällt und wird durch eine eine Anpassung der Mehrwertsteuer kompensiert.
Anspruch: Alle Menschen mit legalem Aufenthaltsstatus in Deutschland
Höhe: Erwachsene: 1100 Euro plus Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung, Kinder und Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr: 500 Euro plus Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung
Eine Dynamisierung ist entsprechend der Entwicklung des durchschnittlichen pro-Kopf-Bruttoeinkommens vorgesehen. Grüne Grundsicherung – Modell von Manuel Emmler und Thomas Poreski http://www.grundsicherung.org/grusi.pdf
Finanzierung: über eine 25prozentige Abgabe auf alle Bruttoeinkommen.
Anspruch: alle Personen, die einen dauerhaften, legalen Aufenthaltsstatus in Deutschland haben und seit mindestens 5 Jahren in Deutschland leben.
Höhe: 500 Euro plus Übernahme der Kosten der Unterkunft und Heizung und kostenfreie Kranken- und Pflegeversicherung, wenn kein weiteres Einkommen vorhanden ist. Kinder und Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr: 400 Euro plus kostenfreie Kranken- und Pflegeversicherung nur bei Besuch eines Kindergartens/einer Schule ab dem vollendeten 3. Lebensjahr Eine Dynamisierung erfolgt entsprechend der Nettoeinkommensentwicklung, mindestens aber gemäß der Teuerungsrate.