H4: Gedanken über ein System ... von realasmodis @ 2011-05-09 – 12:00:49
(Ich hatte kürzlich eine Mailanfrage aus der Schweiz zum Thema Hartz-IV. Nachdem auch Portugal auf Hartz-IV anspringt, macht man sich in den umliegenden Ländern so seine Gedanken über Sinn und Unsinn eines derartigen Systems. Ich habe besagte Mail ausführlich beantwortet und weil der Empfänger mich darum gebeten hat, veröffentliche ich die wesentlichen Passagen dieser Antwort auch hier in meinem Blog. Das alles ist natürlich nur meine eigene, ganz persönliche Meinung dazu. Geboren aus und gefestigt durch eigene Erfahrungen. Aber es könnte ja von allgemeinem Interesse sein ...) ____________
Deutschland ist von 1950 bis 2000 sehr gut ohne Hartz-IV ausgekommen, also ein halbes Jahrhundert lang. Die Kohl-Regierung hatte allerdings gegen Ende der 1990er Jahre durch Misswirtschaft einen gigantischen Schuldenberg angehäuft; eine Situation, die durch die Wiedervereinigung extrem verschärft wurde. Hinzu kam, dass ein Staatssekretär unter Kohl - nämlich ein gewisser Horst Köhler, den man später für seine "Verdienste" zum Präsidenten machte - die Renten- und Arbeitslosenkassen zur Finanzierung der Deutschen Einheit kaltlächelnd leergeräumt hat. Das waren die Kassen, in die die Zwangseinzahlungen der arbeitenden Menschen seit 1950 geflossen sind. Da war ich selbst auch mit dabei. 31 Jahre lang.
Das Geld musste irgendwo bleiben. Ist es auch. Ein paar Multis bzw. Konzerne haben dabei in Ostdeutschland mächtig abgesahnt und sich eine goldene Nase verdient. Oder, anders ausgedrückt: Die den arbeitenden Menschen zustehenden Renten- und Versicherungsleistungen sind an ein paar ohnehin schon superreiche Bonzen geflossen. Schröder stand danach vor der Wahl, das Steuer herumreißen zu müssen oder das System der Ausbeutung zu perfektionieren. Er wählte die letztgenannte Variante, weil die nicht nur einfacher war, sondern ihm persönliche Vorteile verschaffte (Stichworte Maischberger-Affäre und Gazprom). So wurden das bewährte Arbeitslosengeld, die bewährte Arbeitslosenhilfe und die bewährte Sozialhilfe auf wesentlich niedrigerem Level zu Hartz-IV zusammen gefasst. Das Ganze nannte man zwecks Verschleierung die "Reform des SGB II". Es diente der Kosteneinsparung, weil Produktivität und Arbeitsplatzangebot aufgrund von Automatisierung schon lange voneinander entkoppelt sind. Anders ausgedrückt: Es gab zu viele Arbeitslose und weil der Staat die Versicherungskasse nicht mehr besaß, waren die ihm zu teuer geworden. Das Ergebnis war die Vernichtung des Sozialstaates, durch Euphemismen wie "soziale Marktwirtschaft" verschleiert.
Mit der Einführung von Hartz-IV wurde auch das Bildungsniveau entscheidend gesenkt. Offiziell hat man das nie zugegeben. Das ist jedoch leicht erkennbar, wenn man sich einfach nur einmal ein Schulbuch aus der Ära vor der Vernichtung des Sozialstaates und ein aktuelles Schulbuch zur Hand nimmt. BTW: Da ich zwei schulpflichtige Kinder habe, muss ich das zwecks Hausaufgabenhilfe häufiger tun. Was früher bei uns in der Hauptschule unterrichtet wurde, ist heute der Lernstoff in der Realschule und was man den Schülern früher in der Realschule beibrachte, das ist heute das Thema des Gymnasiums. Wirklich gute Bildung gibt's nur noch für die oberen Zehntausend auf Privatschulen und Privatuniversitäten. Letzteres bringt für deren Schüler bzw. Studenten allerdings das Problem des Tunnelblicks bzw. der selektiven Wahrnehmung mit sich. Sie kennen eben nur ihre eigene Realität und nicht die andere Seite der Medaille. Sie werden zur "Elite" ausgebildet.
Ich denke, dass das beabsichtigt ist, denn Menschen mit Bildung denken nach und lassen sich nur schwerlich manipulieren. Hält man die Bevölkerung dumm, dann ist die Manipulation einfacher. Das sind simple Schemata der Propaganda, wie sie schon Edward L. Bernays in den 1920er Jahren formuliert hat. Wer dann noch dagegen den Mund auftut, der wird diffamiert. Womit wir wieder bei Hartz-IV sind. Als das eingeführt wurde, hatten wir in Deutschland noch viele Menschen mit sehr bescheidenem Wohlstand. Wir hatten überwiegend sozialversicherungspflichtige (SV-pflichtige) Jobs von unbefristeter Dauer. D. h. der Staat erhielt (noch) Steuereinnahmen. Heute haben wir einige Superreiche und sehr viele Arme. Aber Schröder und sein Spezi Clement hatten die Weichen gestellt - hin zur Großindustrie und hin zu den Heuschreckenkonzernen. M. E. war es bis heute für ausnahmslos ALLE Folgepolitiker wohl viel zu verlockend, sich aus diesem Topf bedienen zu können.
Dafür, dass der gemeine Bürger das nicht mitbekam, sorgten (und sorgen) die Medien und die Senkung des Bildungsniveaus. Schmierige Lügenblätter wie BILD, gefakte Fernsehsendungen über vermeintlich "echte" Familienschicksale usw. (s. a. http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/pa...rnsehen105.html - nur mal so als Beispiel dafür, dass ich mir diese Aussagen nicht aus den Fingern gesaugt habe). Es wurde ein Feindbild aufgebaut und die "neuen Juden" entstanden. Das waren die Arbeitslosen, die Hartz-IV erhielten. Also die Menschen, die unser Staat um die ihnen zustehenden Versicherungsleistungen betrogen hatte. Damit das nicht ruchbar wurde, warf nach mit Dreck. Die Medien bauten absichtlich und vorsätzlich das Vorurteil vom "faulen, ungebildeten, besoffenen Sozialschmarotzer, der seine eigen Kinder beklaut" auf.
Dieses Vorurteil wurde auch denjenigen, die Arbeitslose wieder in Arbeit vermitteln sollten - nämlich den Fallmanagern (FM) im Jobcenter - eingebläut. Nur konnte man das mit "gestandenen" Arbeitsvermittlern kaum machen. Deswegen wurden die altgedienten Arbeitsvermittler zur ALG-I-Sparte (befristetes Arbeitslosengeld) geschickt oder in Rente oder ihr Vertrag nicht mehr verlängert. In der ALG-II-Sparte (d. h. als Bearbeiter für Hartz-IV) sitzt heute der ehemalige Schweißer aus Wuppertal, der einen Wochenendkursus absolviert hat und ein Chemielabor nicht vom zahntechnischen Labor oder einen Biologen nicht vom Chemiker unterscheiden kann. Mit anderen Worten: Diese (zuständigen) Leute haben keine Ahnung von den Berufsbildern. Deswegen können sie auch nicht vermitteln.
Aber das brauchen sie auch gar nicht, denn ihre Hauptaufgabe besteht darin, den Anspruchsberechtigten Bezüge und Arbeit vorzuenthalten. Weil: Ein riesiges Heer Arbeitsloser am Existenzminimum ist unverzichtbar, wenn es um permanentes Lohndumping geht. Kostenlose Probearbeit, unbezahlte Praktika, Volontariate ohne Bezüge, 400-Euro- sowie 1-Euro-Jobs und mies bezahlte, uneingeschränkte Leiharbeit bei gleichzeitig fehlendem Mindestlohn tun ihr Übriges in diesem Zusammenhang. Schließlich gibt es noch die unbezahlte "Bürgerarbeit", die letztlich nichts weiter als Zwangsarbeit und damit Neosklaverei ist, denn in die "Bürgerarbeit" werden Hartz-IV-Empfänger "zur Erhaltung ihrer Arbeitsfähigkeit" vom Jobcenter abkommandiert. Es profitiert die Wirtschaft. Nur die Wirtschaft. Jede dieser Beschäftigungen vernichtet eine SV-pflichtige, reguläre Arbeitsstelle. Der Staat nimmt keine Steuern mehr ein; er verarmt. Notwendige Ver- und Nachbesserungen an der Infrastruktur werden daher unfinanzierbar. Das sieht man bei uns allenthalben: Straßen haben sich oftmals schon vor Jahren in Schlagloch- und Buckelpisten verwandelt. Wer Geld hat, kauft und fährt einen Geländewagen.
Der Hartz-IV Beanspruchende wird gemäß dem o. a. Vorurteil erst einmal äußerst skeptisch beäugt. Er wird vorverurteilt. Hinzu kommt noch ein Generalverdacht des Erschleichens von nicht zustehenden Leistungen, geschürt durch reißerisch aufgemachte Lügenmeldungen in den Massenmedien und in der Boulevardpresse a la BILD. Der FM ist nur zeitlich befristet eingestellt. Schafft er es nicht, binnen seiner Vertragslaufzeit "Gewinne zu erwirtschaften" (was nur dann geht, wenn man dem Arbeitslosen ihm zustehende Gelder vorenthält), dann fliegt er raus. Dann darf er sich selber anstellen - aber auf der anderen Seite des Schreibtisches. So beschäftigt der deutsche Staat auf diesem Sektor heute fast nur noch willfährige und kritiklos alles ausführende Mitläufer, wie es einst bei den Nazis mit den Leuten, die Juden in KZs und Gaskammern schickten, der Fall gewesen ist. Das sichert die hohe soziale Position einer selbstherrlichen und selbsternannten "Elite".
Aber zurück zum "gemeinen Hartzie", dem Hartz-IV-Empfänger. Der muss sich von seinem FM alles Mögliche, auch Unterstellungen, Drohungen, Beleidigungen usw. anhören. Theoretisch steht ihm zum Abwenden derartiger Amtswillkür der Rechtsweg offen. Aber eben nur theoretisch. Praktisch ist ihm nämlich lt. Gesetz (bspw. abgeleitet aus §§ 60, 66-67 SGB I sowie §60 SGB II) eine Kooperationspflicht auferlegt worden. Es ist der FM, der darüber entscheidet, ob sich ein Hartz-Antragsteller kooperativ verhält. Es ist der FM, der zugleich "Gewinne erwirtschaften" muss, um den eigenen Job behalten zu können und nicht selbst zum Antragsteller zu werden. Der Ausweg für den FM ist so simpel wie naheliegend: Er demütigt den Antragsteller so lange, bis der aufbegehrt. Dann ist der nämlich aufgrund seines Aufbegehrens nicht mehr kooperativ. Bei mangelnder Kooperation aber darf und soll eine Sanktion gegen den Hartz-IV-Abhängigen ausgesprochen werden. Das handhaben nicht alle FM so, aber nach meiner persönlichen Erfahrung 9 von 10 Personen.
Das Aussprechen einer Sanktion bedeutet, dass ein ohnehin schon viel zu geringes Existenzminimum (aktuell 364 Euro monatlich für ALLES) noch weiter gesenkt wird - bis auf null Euro runter. Damit entfallen für den Arbeitslosen auch Kranken- und Rentenversicherung. Womit der Staat letztlich diesem Mitbürger das Recht auf Leben abspricht. Überlebt der so genannte "Totalsanktionierte" dennoch, dann muss er gezwungenermaßen zu illegalen Mitteln greifen (Nahrung stehlen o. ä.). De facto wird er vom Staat vorsätzlich kriminalisiert. BTW: Das Existenzminimum betrug vor sechs Jahren 347 Euro. Schröder und Clement legten es willkürlich (und realitätsfern) fest, indem sie sich den preisgünstigsten Warenkorb des Statistischen Bundesamtes von 1990 bis 1999 heraus suchten und von "Luxusgütern" (wobei sie selbst die Entscheidung hinsichtlich des Luxus trafen) "befreiten". Dabei spielte nicht der reale Bedarf, sondern ausschließlich die Einsparung eine Rolle.
Die Sanktion ist die eine Schiene. Wer totalsanktioniert ist, erhält gar nichts mehr, ist nicht mal mehr krankenversichert. Medizinische Versorgung ist ihm verwehrt und allein schon dadurch, dass er die Krankenversicherung, zu der ihn unser Staat verpflichtet, nicht bezahlen kann, macht er sich strafbar. Behandelt der Betreffende sich naturheilkundlich selbst, dann ist das nach dem Heilberufegesetz eine "ungenehmigte Heilertätigkeit" und gleichfalls strafbar. Auf diese Weise verurteilt eine Totalsanktion den Betroffenen indirekt zum Tode und der 2007 in Speyer verhungerte Sascha K. soll nur exemplarisch genannt sein (vgl. http://www.zeit.de/2007/18/LS-Hungertod?from=rss u. a.).
Die andere Schiene ist das Konstrukt der so genannten "Bedarfsgemeinschaft". Das bedeutet: Wer verheiratet ist oder mit einem Partner in eheähnlicher Gemeinschaft zusammen lebt oder sich überwiegend bei einer anderen Person aufhält, der bildet für das Jobcenter mit eben dieser Person eine "Bedarfsgemeinschaft". Bei der Bedarfsgemeinschaft werden die Einkünfte aller beteilgten Personen zusammen gerechnet und durch die Anzahl der Personen geteilt. Kommt dabei ein Verdienst oberhalb des Existenzminimums heraus (ein einziger Cent reicht vollkommen aus), dann hat der Partner für den Unterhalt des Erwerbslosen zu sorgen. Auch für dessen Versicherungen. Nun kann man natürlich den in Arbeit befindlichen Partner nicht zwingen, alle seine persönlichen Verhältnisse gegenüber dem Jobcenter offen zu legen.
Deswegen wird der Partner überwacht - man könnte es auch "bespitzeln" nennen. Was ist die günstigste Art der Überwachung? Man fordert unter Hinweis auf die Kooperationspflicht und unter Sanktionsandrohung einen Hartz-IV-Empfänger auf, "Hausaufgaben" zu machen. Die "Hausaufgabe" besteht in der Bespitzelung seiner Mitmenschen (nachzulesen bspw. unter http://www.taz.de/1/nord/artikel/1/die-spanner-vom-amt/ u. a.). Auf diese Weise erhält das Jobcenter Informationen. Was hat das noch mit der ursprünglichen und offiziellen Aufgabe der Vermittlung in Arbeit zu tun? Gar nichts! Aber es wird gemacht. Damit gerät die "Bundesagentur für Arbeit" zum größten Geheimdienst Deutschlands. Und wenn man es schafft, dem Hartz-IV-Abhängigen auf diese Weise Leistungen vorzuenthalten, dann hat man wieder "Gewinne erwirtschaftet".
Welchen Sinn hat das - außer der Einsparung selbstverständlich? Es schönt die Arbeitslosenstatistik. Unsere Politmarionetten (Marionetten deshalb, weil sie nur denen, die ihnen die größten Parteispenden geben, zuarbeiten) lieben Statistiken. Mit Statistiken lässt sich die eigene Unfähigkeit so herrlich kaschieren und dem verdummten Volk (wirklich: verdummt) die Augen verkleistern. Man steht selbst dann, wenn man durch Unfähigkeit und Lobbyismus geglänzt hat, phantastisch da.
Und dann gibt es da noch das ganze Hartz-IV-Drum und -Dran. Das ist die Armutsindustrie. Hartz-IV bekommt ein Arbeitsloser nicht automatisch. Er erhält zuerst Arbeitslosengeld (ALG-I), etwa ein Jahr lang. Dann kommt die Phase, in der er Hartz-IV beantragen kann. Tut er das, dann werden seine persönlichsten Lebensverhältnisse abgefragt; nicht mal vor der Wohnungseinrichtung macht man halt. Oftmals überprüft das Jobcenter die Angaben vor Ort u. d. h. es werden Kontrolleure in die Wohnungen geschickt. Beantwortet man NICHT alle Fragen im Antrag oder lässt man die Kontrolleure NICHT ein oder räumt man der Behörde KEINE volle Konteneinsicht für sich und die Verwandtschaft ersten Grades ein, dann ist der Antrag nicht bearbeitbar. D. h. es gibt keinen einzigen Cent vom Staat und auch keine (Kranken-) Versicherung. Da aber i. d. R. die Kinder über den Arbeitslosen familienversichert sind, räumt man dem Staat schon zugunsten der Gesundheit der eigenen Kinder das Recht zum Ausforschen ein.
Das Jobcenter schätzt dann die Vermögenswerte und die geldwerten Vermögenswerte (weil man Sachwerte ja verkaufen kann). Der so ermittelte Betrag wird durch das o. a. Existenzminimum geteilt. Daraus ergeben sich die Monate, in denen das "persönliche Vermögen" zunächst einmal aufzubrauchen ist und folglich kein Hartz-IV-Anspruch besteht. Oder, anders ausgedrückt: Bevor man Hartz-IV bekommt, muss man sich gezwungenermaßen erst einmal von allem trennen, wofür man sein Leben lang gebuckelt hat. Dazu zählt übrigens auch die Altersvorsorge in Form einer wie auch immer gearteten Versicherung. Das bedeutet, dass jemandem, der arbeitslos wird, zuerst Verarmung und später Altersarmut ins Haus stehen (die logische Folge daraus wäre übrigens eine Einheitsrente, aber noch haben wir die nicht).
Wer danach Hartz-IV beantragt bzw. zum Überleben beantragen muss, besitzt bereits nichts mehr. Auto und Wohnung bzw. Haus usw. sind verkauft worden. Die FM wissen das. Deswegen ist es ein beliebtes Mittel, vom Arbeitslosen uneingeschränkte Mobilität zu verlangen und ihn dann, wenn er dem mangels Fahrzeug nicht nachkommen kann, zu sanktionieren. Das Geld wird ja auch anderweitig dringend benötigt, bspw. als Rettungsschirm für zockende Bankster oder zum Subventionieren von Maschinen in der Wirtschaft, mit denen sich noch mehr Arbeitslose produzieren lassen - es lebe die Globalisierung. Unter diesem Gesichtspunkt ist Hartz-IV nichts weiter als ein der Umverteilung von unten nach oben dienendes Volksenteignungsgesetz.
Gleichfalls zum Drum und Dran zählt das so genannte "Bildungspaket" für Hartz-IV-Empfänger, das auf die Kinder von Hartz-IV-Empfängern abzielt, um denen eine bessere Teilnahme am sozialen Leben zu ermöglichen. So lautet jedenfalls die offizielle Lesart. Da gibt es einen Zuschuss zum Erlernen des Blockflötespielens in der nächsten größeren Stadt, doch wie das Kind dorthin gelangen soll, ist zweitrangig. Da wird wöchentlich ein 3-Euro-Zuschuss zum Essen in der Schule gezahlt, wo ein Essen täglich mit 4,50 Euro zubuche schlägt usw. Stückwerk ohne wirklichen Nutzen für die Kinder. Aber: Den Wert dieses Stückwerks (das auch Sachleistungen beinhaltet) legt der Staat fest. Und das Bildungspaket wird als vermeintliches "Einkommen" auf Hartz-IV angerechnet. Bedeutet: Es wirkt sich (übrigens ebenso wie das Kindergeld) MINDERND auf die Hartz-IV-Bezüge aus. Eine Familie, die also das Bildungspaket in Anspruch nimmt, mindert damit ihr eigenes Existenzminimum. Deswegen macht das auch kaum einer und es sind Überlegungen zum verpflichtenden Anspruch im Gange.
Was oft und gerne verschwiegen wird ist die Tatsache, dass das Beanspruchen des Bildungspaketes mit der Pflicht zur Betreuung durch so genannte "Familienlotsen" einher geht. Das sind beim Jobcenter angestellte Personen, die periodisch in die Wohnungen und in die Familien gehen, um dort nach dem Rechten zu sehen. Die ihre Berichte darüber schreiben und die der Dienststelle zukommen lassen. Vor 70 Jahren nannte man das Blockwarte. In der früheren DDR zählte Ähnliches zu den Aufgaben der Stasi. Heute sind wir wieder soweit; das Kind hat nur einen anderen Namen erhalten.
Die offizielle Arbeitslosenstatistik weist rund drei Millionen Arbeitslose in Deutschland aus. Knapp die Hälfte unserer 82 Millionen Einwohner ist im arbeitsfähigen Alter. Gut vier Millionen Hartz-IV-Empfänger hat man in obskuren Maßnahmen "geparkt" bzw. "zwischengelagert". Das sind Maßnahmen, in denen der gestandene und berufserfahrene Systemadministrator den Umgang mit einem Computer erlernen soll, in denen die frühere Personalsachbearbeiterin das Schreiben von Bewerbungen erlernt, in denen dem geborenen Deutschen die deutsche Sprache beigebracht wird, in denen man im Rahmen eines unbezahlten "Berufspraktikums" in der Urlaubszeit die Regale beim Discounter auffüllt usw. Oder jemand ist im Beruf A nicht vermittelbar und wird deswegen nach Beruf B umgeschult, während sein in Beruf B unvermittelbarer Kollege gerade eine Umschulung nach Beruf A macht. Hauptsache, die Leute sind aus der Arbeitslosenstatistik raus. Hauptsache, die Maßnahmenanbieter profitieren davon (s. http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-76121041.html als Beleg). Dann kommen noch einmal gut 7 Millionen an über Totalsanktionierung und Bedarfsgemeinschaften rausgerechneter Menschen (Zahlen des IAB, nachzulesen unter http://doku.iab.de/kurzber/2010/kb1510.pdf auf S. 2). Das macht summa summarum knapp 15 Millionen tatsächlich Arbeitslose. Bedeutet: De facto ist in Deutschland jeder Dritte bis Vierte inzwischen ohne Arbeit und in den Fängen des Jobcenters.
Nicht zu vergessen die Armutsindustrie. Die Jobcenter verlangen von jedem Hartz-IV-Empfänger monatlich minimal das Abfassen von vier bis fünf schriftlichen Bewerbungen (ohne allerdings dem Betreffenden mit entsprechenden Arbeitgeberadressen zur Seite zu stehen). Die Form der Bewerbung wird dabei oftmals genau vorgegeben (Bilder von Fotograf XY, Mappenart, Papierart, Druckart etc.). In meinem eigenen Fall schlug dann jede einzelne Bewerbung mit 25 Euro zubuche (davon werden nach Monaten knapp 5 Euro erstattet), verursachte mithin also Kosten i. H. von gut 100 Euro pro Monat. Die sind selbstverständlich vom Hartz-IV-Existenzminimum zu bestreiten und wer das nicht kann, der wird eben wegen Kooperationsunwilligkeit sanktioniert. Ganz legal. Rechnet man nur einmal die Hälfte des seinerzeit mir auferlegten Betrages - nämlich 50 Euro - und multipliziert das mit den rund vier Millionen Hartz-IV-Empfängern, dann kommt man jährlich auf knapp 2,5 Milliarden (!) Euro allein über die Bewerbungsschiene. Das ist ein echter Wirtschaftsfaktor.
Einen weiteren Wirtschaftsfaktor stellt die Armenspeisung in Form der so genannten "Tafeln" dar. Wenn ein Discounter überlagerte oder ungenießbare Lebensmittel hat, dann muss er die normalerweise aussortieren und teuer als gewerblichen Abfall entsorgen. Er kann diesen Biomüll aber auch zur Spende deklarieren. Dann werden nicht nur Entsorgungskosten eingespart, sondern die Spende ist obendrein (da gemeinnützig) auch noch steuerlich absetzbar - d. h. der Gewinn wird maximiert. Was aber geschieht mit den vergammelten Waren? Die erhalten die Tafeln. Dorthin gehen die Leute - die Hartz-IV-Empfänger - deren Existenzminimum nicht ausreichend ist. Mit anderen Worten: Der Arbeitslose wird als menschlicher Komposter missbraucht. Die Tafeln sind vom Unternehmensberater McKinsey initiiert worden. McKinsey berät auch die "edlen" Spender. Damit schließt sich ein Wirtschaftskreislauf. Die "edlen" Spender unterstützen die Politik durch Parteispenden und die Politiker lassen sich selbst von McKinsey beraten. Damit schließt sich ein weiterer Kreis.
Bleibt noch die vielbeschworene "mangelnde Qualifikation" der Arbeitslosen zu erwähnen. Die Menschen, die bei uns heute arbeitslos und lt. offizieller Aussage "unqualifiziert" sein sollen, haben vor der Einführung von Hartz-IV gearbeitet. Seinerzeit waren sie nicht unqualifiziert, sondern sogar hochqualifiziert. Wie lässt sich das erklären? Des Rätsels Lösung ist ganz einfach. Die mangelnde Qualifikation wird vom Jobcenter erst gemacht. Mir selbst ist zweimal mitgeteilt worden, dass das EDV-System des Jobcenters alle Berufsabschlüsse vor dem Jahr 2000 als nicht existent behandelt. Mir ist darüber hinaus mitgeteilt worden, dass jeder Berufsabschluss, der länger als sechs Jahre zurück liegt, als nicht existent behandelt wird. Ausnahme: Jemand hat im Inland (Auslandsarbeit wird mit Arbeitslosigkeit gleichgesetzt) bis zwei Jahre vor dem Hartz-IV-Eintritt in seinem erlernten Beruf gearbeitet. Das bedeutet: Jemand - er kann extrem hoch qualifiziert sein - wird arbeitslos. Etwa ein Jahr lang erhält er ALG-I. Schließt sich ein weiteres Jahr der Arbeitslosigkeit an, dann ist der Betreffende automatisch unqualifiziert, auch wenn er zuvor einen Nobelpreis erhalten haben sollte. Das ist der Grund, warum sehr viele Fachkräfte Deutschland mittlerweile den Rücken kehren. Das ist der Grund, warum bei uns der berufserfahrene Ingenieur als Briefträger, Taxifahrer oder Müllfahrer arbeitet.
Allerdings sieht es für die verbleibenden und in Arbeit befindlichen Menschen auch nicht viel besser aus. Da es keine gesetzlichen und flächendeckenden Mindestlöhne gibt, regieren die prekären Arbeitsverhältnisse. Das bedeutet, dass die Menschen zwar arbeiten, von ihrer Arbeit jedoch nicht leben können. Als Arbeit gilt alles ab einer Stunde an bezahlter Beschäftigung pro Woche - auch wenn in der besagten Stunde nur ein einziger Cent verdient wird. Es steht ihnen aber die Aufstockung auf das Existenzminimum durch Hartz-IV frei. Dazu müssen sie das beantragen (s. o.) und begeben sich wie jeder Arbeitslose auch uneingeschränkt in die Fänge der Jobcenter. Wer dort aufmuckt, den schickt man zur MPU (Medizinisch-Psychologische-Untersuchung) oder lässt ihn per Akteneinsicht gleich für unzurechnungsfähig erklären (die Sendung MONITOR berichtete im August 2010 darüber - leider ist das betreffende Video unter http://www.youtube.com/v/YD6WNl_DEaE nicht mehr verfügbar). Oder man hält sich an die Familie und bedient sich der DDR-mäßigen Zwangsadoption (einfach bei Youtube mal "Kinderklau" als Suchbegriff eingeben - da kommen dann gleich mehrere Sendungen). Auch ein schönes Druckmittel. Ich kann mir das alles nur so erklären, als dass man auf diese Weise vorsätzlich unkritische, "normierte" und des eigenen Denkens unfähige Untertanen erzeugen will.
Falls das aber tatsächlich der Fall sein sollte, dann stellt sich natürlich sofort die Frage nach dem Warum. Und die kann sich jeder selbst beantworten. Unsere Gesellschaft basiert auf Marktwirtschaft. Marktwirtschaft basiert auf unerschöpflichen Rohstoffen und auf unerschütterlichen Finanzpolstern. Wie unerschütterlich diese Finanzpolster sind, hat die Weltwirtschaftskrise gezeigt. Hinsichtlich der Rohstoffe haben der renommierte US-Ölgeologe Marion King Hubbert in den 1950er Jahren und um die Jahrtausendwende herum der international bekannte Ölfachmann C. J. Campbell auf Peak Oil hingewiesen. Es existiert in diesem Zusamenhang eine mathematische Simulation über Öl als Rohstoff. Das ist die so genannte Hubbert-Kurve. Ihr zufolge hat die industrielle Gesellschaft, wie wir sie heute kennen, einen Bestand von rund 100 Jahren. Dann sind die Rohstoffe erschöpft; es treten Verhältnisse wie bei der Great Depression in den USA der 1930er Jahre ein. Lt. Prognose wird das zwischen 2025 und 2030 der Fall sein. Bereits im Juni '08 meldeten die britische "BP" und die französische "Total" Peak Oil.
Öl ist nicht der einzige zur Neige gehende Rohstoff. Die seltenen Erden, Dotierungsmetalle für jede Form von Elektronik, neigen sich ebenfalls rapide dem Ende entgegen. Wir steuern also auf Verhältnisse zu, in denen die Gesellschaft, die wir heute kennen, nicht mehr überlebensfähig ist (vgl. http://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/ei...ns/1860890.html - nur mal so als Hinweis). In einer solchen Gesellschaft wäre es für die "Elite" sicherlich von großem Vorteil, auf Untertanen zurückgreifen zu können, die es gelernt haben, mit NICHTS zurecht zu kommen. Ich für meinen Teil betrachte Hartz-IV daher mittlerweile als einen Großversuch, der dazu dient, genau so ein Volk heran zu züchten. Und mir soll kein Politiker erzählen, dass er über die tatsächlichen Verhältnisse nicht informiert sei. Zumindest die MdBs Edathy, Gabriel und unsere Kanzlerin Frau Merkel sind von mir persönlich informiert worden! Aber - wie nicht anders zu erwarten war - Reaktion gleich Null. Was ich als bewusstes Befürworten eines Unrechtssystems, das immer mehr totalitäre Züge annimmt, betrachte